Es liegt ein weiteres, ereignisreiches Jahr hinter uns – bereits das 15. seit unserer Gründung! Mit dem vorliegenden Bericht geben wir Einblick in unsere Tätigkeiten im Niger, die wir nach wie vor mit viel Freude und grossem Engagement anpacken. Die Kontinuität unserer Projekte ist in der nach wie vor von Unsicherheit geprägten Zeit keine Selbstverständlichkeit. In den Ländern rund um Niger sind wieder vermehrt islamistische Gruppen aktiv. Sie sind auch für Überfälle auf grenznahe Dörfer und Regionen verantwortlich. Die Menschen im Gebiet TADERASS, welches im Landesinnere liegt, sind bis heute von solchen Überfällen verschont geblieben; dennoch ist auch hier eine grosse Verunsicherung spürbar. Durch unsere Projekte geben wir ihnen Hoffnung für die Zukunft.
Dass wir weiterhin in Ruhe arbeiten können, verdanken wir einerseits der geografischen Lage im Landesinnern, andererseits auch den stabilen Beziehungen zu unseren Verantwortlichen vor Ort sowie deren guten Kontakten zu den lokalen Behörden. Die Projekte liefen auch im letzten Jahr gut. Davon konnte ich mich auf meiner Projektreise Ende Dezember / Anfang Januar persönlich überzeugen.
2019 war für die Region Taderass ein regenreiches Jahr. Noch Ende Dezember hatte es ausserordentlich viel Gras und damit Futter für die Tiere. Es hatte denn auch sehr viele „fremde“ Nomaden im Gebiet, die aus regenarmen Gegenden im Süden einige 100km gegen Norden gewandert waren. Zu spüren bekamen wir dies vor allem beim mobilen Ambulatorium, in welchem wir im November deutlich mehr Menschen behandelten als üblich.
» Gott hat Länder voller Wasser geschaffen, damit der Mensch dort leben kann,
und Wüsten, damit er dort seine Seele erkennt. «
(Sprichwort der Tuareg)
Vorstand und Revisionsstelle
Die Zusammenkünfte im Vorstand erfolgten spontan und in Abhängigkeit von konkret anfallenden Fragen. Vorstand und Revisionsstelle setzten sich im vergangenen Jahr aus folgenden Personen zusammen:
- Patricia Wenk, Ramendingen 346, 8737 Gommiswald / Präsidentin (seit 2005)
- Roland Wenk, Sonnenblickstrasse 22, 8645 Jona / Kassier (seit 2005)
- Christine Hauer, Kempfhofweg 14, 8049 Zürich / Beisitzerin (seit 2009)
- Isabella Paniz, Ackerstrasse 1, 8704 Herrliberg / Revisionsstelle (seit 2010)
Finanzen
Auch im 2019 wurden wir von unseren rund 190 Spender/-innen grosszügig unterstützt. Die Mitglieder- und Gönnerbeiträge sind leicht zurück gegangen. Die Spendeneinnahmen sind rund Fr. 16‘000 tiefer ausgefallen als im Vorjahr, als wir zwei a.o. Grossspenden verbuchen durften. Dank der Auflösung von Fr. 2‘000 aus den Rückstellungen präsentiert sich die Jahresrechnung jedoch trotzdem ausgeglichen.
Erfolgsrechnung 2019 im Vergleich (Details dazu siehe Zusatzblatt):
2019 | 2018 | 2017 | ||
Total Ertrag | Fr. | 50’682.60 | 70’083.00 | 61’380.75 |
Total Aufwand | Fr. | -51‘964.22 | -55‘181.20 | -50’862.31 |
Bildung / Auflösung von Rückstellungen | Fr. | 2‘000.00 | -14‘000.00 | -10’000.00 |
Gewinn per 31.12. | Fr. | 718.38 | 901.80 | 518.44 |
Mitglieder
Der Mitgliederbestand per 31.12.2019 betrug 80 Mitglieder und Gönner (+/- 0).
Realisierte Projekte 2019
Brunnensanierungen (CHF 14‘050)
Brunnen: AKAWAL N°4
Bauzeit: Jan – Feb 2019
Kosten: 4’530 CHF
(2‘600’000 F CFA)
Brunnen: GROUANE
Bauzeit: April – Mai 2019
Kosten: 5‘140 CHF
(2’940’000 F CFA)
Brunnen: BOUMBANA
Bauzeit: Oktober 2019
Kosten: 4‘380 CHF
(2‘600’000 F CFA)
Grundschule TOUMBALAGA (CHF 3‘330)
Auch 2019 unterstützten wir die Grundschule von TOUMBALAGA mit Nahrungsmitteln für 2 Mahlzeiten pro Tag. Ebenfalls übernahmen wir die Kosten für das Schulmaterial der rund 30 Kinder. Der seit diesem Schuljahr neue Schuldirektor und seine Frau, die als Lehrerin amtet, sind sehr jung und deshalb nicht so kompetent wie ihre Vorgänger. Sie erhalten jedoch Unterstützung durch den Dorfchef, dem seine Schule sehr wichtig ist.
Wir haben unsere Unterstützung im bisherigen Rahmen auch für das Schuljahr 2019/2020 zugesagt. Nach wie vor wollen wir aber nicht mehr Verantwortung für die Schule übernehmen.
Frauenprojekte (CHF 0)
Frauenprojekt ADERBISSINAT (Bastmatten)
Die 10 Frauen produzierten das ganze Jahr über Matten für den Verkauf auf dem lokalen Markt. Der Verkauf lief im 2019 sehr gut, so dass die Kasse gut gefüllt ist (132‘000 CFA). Einige Frauen haben sich gar Ziegen und Schafe kaufen können vom Erlös. Der soziale Aspekt des Projekts ist für die Frauen aber genauso wichtig, weil ihre Stellung innerhalb der Familie durch den eigenen Verdienst gestärkt wird.
Kosten: 0 CHF (Da ich erst Anfangs Jan 2020 dort war, werden die Ausgaben für Geschenke erst im 2020 verbucht werden.)
Frauenprojekt TCHIN AGAROUF PEUL (Bastmatten)
In der Kooperative „Tchoumri“ sind inzwischen rund 35 Frauen aktiv, was sehr viele sind. Bei unserem Besuch im Januar 2018 haben wir die Unterstützung einer 2. Gruppe aus den umliegenden Lagern zugesagt unter der Bedingung, dass sie sich ebenfalls in einer Gruppe organisieren und eine verantwortliche Frau bestimmen, die wir kennen lernen können. Bei meinem Besuch im Januar 2020 haben wir nun diese 2. Gruppe „Wallérou“ gegründet und einen Kredit von 100‘000 CFA zugesprochen.
Kosten: 0 CHF (Da ich erst Anfangs Jan 2020 dort war, werden die Ausgaben für den Kredit und die Geschenke erst im 2020 verbucht werden.)
Mobiles Ambulatorium (CHF 15‘900)
Auch 2019 waren wir im Feb/Mrz, im Juni/Juli und im Nov/Dez während eines Monats unterwegs „en brousse“ und haben die Nomaden medizinisch versorgt. Im Nov/Dez hatte es sehr viele Nomaden aus dem Süden hier, die natürlich ebenfalls versorgt wurden. Wie jedes Jahr haben wir vor allem Verbrennungen, Hautausschläge, und saisonbedingt auch Atemwegserkrankungen und Malaria behandelt. Die Aufklärungsarbeit rund um Geburt und Säuglingspflege sowie Empfängnisverhütung nimmt einen immer grösseren Stellenwert ein. Dazu gehört auch das Motivieren von jungen Erstgebärenden, für eine sichere Geburt in die lokalen Gesundheitszentren zu gehen, um sich dort von einer Hebamme helfen zu lassen.
Darmfistel-Operationen (CHF 10‘260)
Dank dem seit 2017 eingerichteten Spendenkonto für Fistel-Operationen konnten wir auch im Jahr 2019 insgesamt 11 Frauen in Agadez operieren lassen. Die Qualen dieser im Innern verletzten, jungen Frauen „en brousse“, ohne jegliche gesundheitliche Versorgung, sind für uns unvorstellbar. Durch die von uns ermöglichte Operation schenken wir diesen Frauen ein neues, würdevolles Leben – ihre Dankbarkeit ist enorm gross. Die Zusammenarbeit zwischen Kamma und dem nigrischen Gynäkologen hat sich sehr gut bewährt.
Besonders freut uns: Die erste, dank TADERASS im 2017 operierte Frau hat im Herbst 2019 ein 2. Kind bekommen. Laut Kamma ist bei der Geburt alles gut gegangen und die Naht hat gehalten. Wahrlich freudige Nachrichten!
Rückblick auf meine Projektreise vom 27.12.2019 – 09.01.2020
Vom 27. Dezember 2019 bis 9. Januar 2020 war ich auf Projektreise im Niger. Kurz vor meiner Ankunft in der Hauptstadt Niamey gab es mehrere Anschläge von islamistischen Gruppen in der Grenzregion zu Mali, was mich dazu veranlasste, dieses Mal bei Transfers besonders vorsichtig zu sein. Der Inlandflug von Niamey in die Wüstenstadt Agadez im Norden verlief problemlos, und ich war auch nicht die einzige Europäerin auf dem Flug. Dies und die Tatsache, dass der Mann meiner Freundin Habsou (zufälligerweise?) auf demselben Flug war, war für mich doch etwas beruhigend.
Für den Landweg von Agadez nach Aderbissinat und zurück (2 x 160km) habe ich mich dann aber von einer Militäreskorte begleiten lassen – ganz nach dem Motto: Vorsicht ist besser als Nachsicht. In Aderbissinat wurde ich von «meiner» afrikanischen Familie sehr herzlich begrüsst, war es doch bereits 2 Jahre her, als ich das letzte Mal bei Ihnen weilte. In den 6 Tagen konnte ich fast alle Projekte, die wir in den vergangenen Jahren realisiert hatten, besuchen und mir ein eigenes Urteil vor Ort bilden. Mein Besuch bestätigte es: Unsere Vertrauensleute vor Ort haben in den vergangenen 2 Jahren gute Arbeit geleistet! Wir danken Ihnen an dieser Stelle für ihren unermüdlichen Einsatz!
Einen leider unschönen Zwischenfall gab es mit unserem langjährigen Koordinator vor Ort, Mohamed Bahani (Kouna) in Agadez. Da wir mit seiner Arbeit schon seit längerer Zeit unzufrieden waren (Betreuung der Schule von Aghlal in Garane von 2005 – 2017), haben wir ihn schon vor 3 Jahren faktisch „entmachtet“ und er hatte seither keine eigenen Projekte mehr, für die er verantwortlich war. Damit er sein Gesicht wahren konnte (was in Afrika sehr wichtig ist), haben wir ihn jedoch pro forma in seiner Position als Koordinator vor Ort belassen. Leider konnte er sich mit seiner neuen Rolle nicht abfinden und er hat uns vermehrt Steine in den Weg gelegt. Das Fass zum Überlaufen gebracht hat nun aber sein Verhalten während meines Besuchs in Agadez Ende Dezember. Um zu verhindern, dass ich unsere Projekte in der Region Taderass besuchen und kontrollieren gehe, hat er mich am Tag nach meiner Ankunft aufs Commissariat von Agadez bestellen lassen, wohl in der Hoffnung, dass mir dieses die Weiterreise nach Aderbissinat aus Sicherheitsgründen verbieten würde. Doch glücklicherweise hat der „Chef du Commissariat“, welcher zusammen mit der Garde National für die Sicherheit in der Region Agadez verantwortlich ist, schnell gemerkt, welches Spiel hier gespielt wird. Zufrieden damit, dass meine Papiere (Visum) in Ordnung sind und wir bereits eine Militär-Eskorte zu meiner Sicherheit organisiert hatten, durften wir unter seinem persönlichen Schutz und mit einer Empfehlung zuhanden der Offiziellen in Aderbissinat die Stadt Agadez in Richtung Aderbissinat verlassen. Meine weitere Projektreise verlief nach diesem Vorfall programmgemäss und ohne jegliche Probleme. Auch in der Brousse um Aderbissinat konnte ich mich frei bewegen und unsere Projekte besuchen. Sowohl der Militär-Chef in Aderbissinat und die Nomadenchefs bestätigten mir, dass es keine Sicherheitsprobleme gäbe in der Region.
Das Erlebnis mit Kouna, der offen kundgetan hat, dass er keine Verantwortung mehr für mich (und damit auch für unsere Projekte) übernehmen will, hat den Vorstand veranlasst, ihn per Ende 2019 aus unseren Diensten zu entlassen. Wir haben den Vertrag, welcher bisher alljährlich verlängert wurde, fürs 2020 nicht mehr erneuert. Dieser Schritt ist uns alles andere als leicht gefallen, weil uns Kouna gerade in der Anfangszeit mit seinen vielen Kontakten eine grosse Hilfe war. Doch manchmal muss man – immer das Ziel vor Augen – eben auch unattraktive Entscheide fällen.
Dank der Tatsache, dass wir seit 10 Jahren die Verantwortung für unsere Projekte auf verschiedene Schultern verteilt haben, erweist sich jetzt als grosser Vorteil: Kouna wird keine Lücke hinterlassen und die beiden anderen Verantwortlichen vor Ort, führen Ihre Arbeit eigenverantwortlich weiter, wie bisher.
- Dakso Hamidan: Brunnenbaustellen, Frauen-Kooperativen, Schule Toumbalaga
- Kamma Hamidan: Mobiles Ambulatorium, Fistel-Operationen
Dass unsere Arbeit auch von offizieller Seite geschätzt wird, durfte ich auf meiner Projektreise erfahren: Der Bürgermeister von Aderbissinat hat mich zu sich bestellt, um mir eine offizielle Urkunde „Témoignage officiel de satisfaction“ für unsere vielfältigen Interventionen zugunsten der Region Aderbissinat zu überreichen.
Dank
All unseren Spender/-innen und Gönner/-innen danken wir an dieser Stelle ganz herzlich. Ohne sie wäre unser Engagement zugunsten der Menschen in Niger nicht möglich!
Jona, 28. März 2020 / Patricia Wenk, Präsidentin